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| Datum | Ort | Kapitel | Personen | Stichworte | Artikel |
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29.06.2016
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Marseille
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Personen Work
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Oliver Fahrni
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Marseille Reportagen Volltext
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Die südfranzösische Hafenstadt zwischen Multikulti, Rebellion und Pastis. Oh, dieses „pütäng de Marseille“! Work-Redaktor Oliver Fahrni schreibt über eine alte Liebe: seine neue Heimat Marseille. Fotos: Michel Setboun. Der Weg zur Erkenntnis beginnt mit einem Pastis. Die Möbel sind hochgetragen, man trocknet den Schweiss im Café unter Platanen. Golden funkelt der Anisschnaps. Pastis, „le Pastaga“ sagen sie hier, bedeutet auf provenzalisch „Mischung“: Fünf Teile Wasser dazu, wie es die Regel will, und das transparente Gold im Glas kippt in ein trübes, milchiges Weiss. Frankie („Froonky“ ausgesprochen) grinst: „Der Pastis ist wie Marseille. Gerade noch hast du geglaubt, du hättest den Durchblick. Doch plötzlich ist alles undurchsichtig geworden. So geht es allen.“ Frankie ist Kubaner, Chirurg, ein feiner Kopf. Seine Papiere sind in Ordnung, aber die Behörden lassen ihn nicht als Mediziner arbeiten, nicht einmal als Pfleger. Also schleppt er Umzugskartons, macht Botengänge oder andere Handreichungen. Frankie mag diese Stadt. Willst du dich in Marseille über Wasser halten, musst du die Verhältnisse nicht verstehen, sagt er: „Du musst sie in Bewegung halten.“ Immer wissen, wer mit wem gerade etwas hebelt. Beziehungen pflegen. Gefälligkeiten einfordern. Und tauschen. Dafür braucht man „Tchatche“ (ein verführerisches Mundwerk). Geschriebene Regeln gelten wenig. Die ungeschriebenen aber umso mehr. Sie sind verbindlicher als das Gesetz. Zuverlässiger auch. Dass dir ein Kubaner verrät, was du über die älteste und zweitgrösste Stadt Frankreichs wirklich wissen solltest, gehört dazu. Es hätte auch eine alte Vietnamesin sein können, (…). Oliver Fahrni.
Work online, 29.6.2016.
Personen > Fahrni Oliver. Marseille. Work online, 2016-06-29.
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